Zoho ist ein global agierendes Softwareunternehmen, das in der Geschäftssoftware-Branche seinesgleichen sucht. Während namhafte Konkurrenten wie Microsoft, Google oder Salesforce mit riesigen Marketingbudgets und aggressiver Kundengewinnung dominieren, verfolgt Zoho eine fundamental andere Strategie. Das Unternehmen investiert konsequent dreimal mehr in Forschung und Entwicklung (F&E) als in Marketing und widersetzt sich damit aktiv den üblichen Branchenkonventionen. Mit diesem Artikel werfen wir einen umfassenden Blick auf die Funktionsweise von Zoho, die zugrundeliegenden Prinzipien und die Auswirkungen dieser Unternehmensphilosophie auf Wachstum, Innovation und Marktposition. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen von Zoho und beleuchten die Zoho Unternehmensstrategie,

Die Entstehung und Entwicklung von Zoho

Zoho wurde vor rund drei Jahrzehnten gegründet und entwickelte sich von einem kleinen Anbieter zu einem globalen Softwaregiganten mit über 18.000 Mitarbeitern und 150 Millionen Nutzern weltweit. Die Unternehmenszentrale befindet sich im südindischen Chennai, aber das Unternehmen operiert international und ist vor allem bekannt für seine umfassende Suite an cloudbasierten Unternehmensanwendungen.

Unternehmensstrategie: Fokussierung auf Forschung und Entwicklung

F&E im Zentrum der Ressourcenallokation

Praval Singh, der Vice President für Marketing und Kundenerfahrung bei Zoho, erläutert diese Strategie eindeutig: „Wir geben das Dreifache dessen, was wir für Marketing ausgeben, für Forschung und Entwicklung aus. Das war über die Jahre hinweg eine bewusste Entscheidung.“ Anstelle hoher Marketingausgaben setzt Zoho auf die Weiterentwicklung seiner Produkte, um durch innovative, qualitativ hochwertige und erschwingliche Lösungen zu überzeugen.

„Wir geben das Dreifache dessen, was wir für Marketing ausgeben, für Forschung und Entwicklung aus. Das war über die Jahre hinweg eine bewusste Entscheidung.“

Konsequenzen für Preispolitik und Wettbewerbsfähigkeit

Dieser Ansatz ermöglicht es Zoho, erschwingliche Softwarelösungen in einem Markt anzubieten, wo die Konkurrenz oftmals immense Summen in die Kundenakquise investiert. Durch die Kosteneinsparungen im Marketing kann das Unternehmen die Entwicklungskosten mit seinen Kunden teilen, was preiswerte Produkte mit vollem Funktionsumfang zur Folge hat. Singh bringt es auf den Punkt: „Die eingesparten Marketingkosten geben wir als Preisvorteil direkt an unsere Kunden weiter. So bleibt unsere Software erschwinglich.“

Zoho CRM vs. klassische CRM-Systeme: Der objektive Vergleich für KMU – Funktionen, Kosten, Vorteile und Praxistauglichkeit.

Produktportfolio: Umfang und Diversifizierung

Zoho bietet eine beeindruckende Bandbreite von mehr als 55 Applikationen, die praktisch sämtliche Unternehmensbereiche abdecken – von Customer Relationship Management (CRM) über Personalmanagement, Buchhaltung, Projekt- und Team-Collaboration bis hin zu branchenspezifischen Lösungen wie Vertragsmanagement.

  • CRM und Sales: Angebote wie Zoho CRM sind besonders populär bei kleinen und mittleren Unternehmen, wurden aber inzwischen für Großkunden und internationale Konzerne weiterentwickelt.

  • HR und Personal: Lösungen wie Zoho People machen das Personalmanagement digital und effizient.

  • Finanzmanagement: Zoho Books und Zoho Invoice decken Buchhaltung und Rechnungsstellung ab.

Zoho verfolgt dabei bewusst den Ansatz einer integrierten Softwareplattform: Kunden können mit einem Produkt beginnen und nach und nach andere Zoho-Dienste hinzuziehen, ohne die Plattform wechseln zu müssen.

Cross-Selling und die Land-and-Expand-Strategie

Das Produktdesign unterstützt die interne Cross-Selling-Strategie. Wer eine Zoho-Software verwendet, entdeckt oft weitere Anwendungen – die Kosten der Kundenakquise für das zweite oder dritte Produkt sinken gegen null, weil der Vertriebsweg bereits etabliert ist. „Wer einmal eine Lizenz bei uns nutzt, entdeckt viele weitere Möglichkeiten – die Kosten für die Akquise weiterer Produkte sind praktisch nicht mehr vorhanden“, erklärt Singh. Zoho Unternehmensstrategie ist nicht als Logged-in anzusehen, sondern verkauft über den Nutzen der breiten zur Verfügung stehen Anwendungen aus einer Hand und ohne Mehrkosten.

Marketing: Vom Produktfokus zum Storytelling

Wandel bei der Markenkommunikation

Ein bemerkenswerter Wandel fand 2024 mit der Einführung der Markenkampagne It Takes Time statt. Während Zoho traditionell mit eher sachlicher, produktorientierter Werbung auftrat, setzt die neue Kampagne auf emotionales Storytelling. Hierbei werden Metaphern aus Technologie, Architektur und Kultur genutzt, um die langjährige Unternehmensgeschichte und den Fokus auf nachhaltige Wertschöpfung zu unterstreichen.

Die Kampagne wurde in Zusammenarbeit mit der Mumbai Agentur „Bombay Local“ entwickelt und stellt eines der grössten Marketinginvestments der Unternehmensgeschichte dar. Dennoch bleibt Zoho seinem Prinzip treu, weniger für Marketing als für F&E auszugeben. Zoho Unternehmensstrategie fokussiert ganz klar.

  • Kampagneninhalte: Videos, die sowohl digital als auch an physischen Orten wie Flughäfen gezeigt werden.

  • Zielgruppen: Nicht mehr nur klassische IT-Entscheider, sondern verstärkt Gründer, Vorstände und andere Entscheidungsträger, die Einfluss auf die Softwarebeschaffung haben.

Rationale hinter der neuen Kampagne

Singh beschreibt die Entwicklung der Kampagne als Reaktion auf die Unsicherheiten und Volatilitäten der Tech-Branche. Rasante Wachstumsphasen, gefolgt von Massenentlassungen oder zweifelhaften Finanzierungspraktiken, bildeten den Anlass, Zoho als traditionsbewusste und auf Langfristigkeit bedachte Marke zu positionieren: „Wir haben in drei Jahrzehnten gesehen, wie merkwürdig sich der Markt entwickeln kann – von schnellen Einstellungen bis zu abrupten Entlassungen oder zweifelhaften Finanzierungsrunden. Dem setzen wir unsere Beständigkeit entgegen“.

Finanzierung und Eigentümerstruktur

Ein weiterer zentraler Aspekt der Unternehmensphilosophie ist die vollständige Privatbesitzstruktur von Zoho. Das Unternehmen ist nicht börsennotiert und legt keine detaillierten Finanzzahlen offen. Dieser Umstand verschafft Zoho eine bemerkenswerte Unabhängigkeit und Flexibilität. Es gibt keinen externen Druck von Investoren oder Aktionären, der zu kurzfristigem Denken führen könnte. Stattdessen kann sich das Management auf die langfristige Entwicklung des Unternehmens konzentrieren und den Innovationskurs beständig verfolgen.

Marktpositionierung und Wachstum

Aktuelle Wettbewerbslandschaft

Zoho konkurriert mit Schwergewichten wie Microsoft und Google im Bereich Office-Produkte und sieht sich in einzelnen Anwendungsbereichen auch spezialisierten Anbietern mit technologischem Tiefgang gegenüber. Dennoch gelingt es Zoho aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes und der Fokussierung auf Kostenersparnisse, viele Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie Startups – als Kunden zu gewinnen.

Internationalisierung und Sektorenexpansion

Indien ist laut Singh einer der am schnellsten wachsenden Märkte des Unternehmens. Die Digitalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen fördert das Wachstum. „Die Zahl der monatlichen Neukunden ist auf einem Allzeithoch“, so Singh. Zahlen dazu liefert das Unternehmen allerdings nicht. Zweiter Fokusmarkt in der Zoho Unternehmensstrategie ist Europa, wo man seit 4-5 Jahren massiv aufgeholt hat und und bald die USA ablöst.

Neben dem traditionellen, branchenunabhängigen Marktauftritt setzt Zoho zunehmend auf vertikale Expansion und entwickelt spezifische Lösungen für Branchen wie Finanzdienstleistungen, Automotive, Fertigung und Einzelhandel. Zudem wurden in jüngster Zeit neue Produkte wie „Zoho Contracts“ (Vertragsmanagement) vorgestellt, die den Ausbau in angrenzende Prozessbereiche ermöglichen.

Herausforderungen und Risiken des Geschäftsmodells

Vorteile einer F&E-getriebenen Strategie

  • Preisvorteil: Sparsame Ausgaben für Marketing ermöglichen günstige Preise für den Endkunden.

  • Produktqualität: Höhere Investitionen in Entwicklung fördern Innovation und technische Exzellenz.

  • Kundenbindung: Die Plattformstrategie und das Cross-Selling führen oft zu einer langanhaltenden Kundenbeziehung und geringen Abwanderungsraten.

Limitierungen und Risiken

  • Bekanntheitsgrad: Außerhalb traditioneller Märkte oder bestehender Kundenbeziehungen kann die mangelnde Markenpräsenz zum Nachteil werden. Wettbewerber mit massiven Marketingbudgets sind hier im Vorteil.

  • Skalierungsgrenzen: In neuen, bisher wenig erschlossenen Märkten oder Branchen kann es schwieriger sein, Fuß zu fassen und die Marke ohne klassische Werbemethoden zu etablieren.

  • Balance zwischen Preis und Innovation: Eine expansive Produktpalette erfordert hohe laufende F&E-Aufwendungen. Gleichzeitig müssen die Preise niedrig genug bleiben, um im Wettbewerb zu bestehen. Es besteht also ein ständiger Balanceakt zwischen Innovation und Wirtschaftlichkeit.

Singh räumt offen ein, dass der Fokus auf niedrige Preise und stetige Weiterentwicklung angesichts der wirtschaftlichen Lage eine dauerhafte Herausforderung bleibt. Organisationen achten verstärkt auf Effizienz und Wertschöpfung, gerade wenn Budgets knapp werden: „Alles wird rationiert – auch Betriebsausgaben für Software“, so Singh. Dennoch wird der Preisdruck in der aktuellen Weltwirtschaft eher als Bestätigung des eigenen Ansatzes verstanden. Unternehmen wollen Kosten senken, aber auf Qualität und Innovation nicht verzichten. Zoho Unternehmensstrategie zielt genau darauf ab.

Kundenbeispiele und strategische Partnerschaften

Zoho gelang es, bedeutende Partnerschaften etwa mit Mercedes-Benz (Händlermanagementsysteme) oder der Union Bank of India (Kundenerfahrungsplattform) zu etablieren. Über den Umfang oder die finanziellen Details dieser Kooperationen schweigt das Unternehmen, um die Privatheit zu wahren. Trotzdem verdeutlichen diese Namen die Wettbewerbsfähigkeit auch im Großkundensegment.

Unternehmenskultur und Innovationsgeist

Die Unternehmenskultur von Zoho ist geprägt von Unabhängigkeit, Innovationsdrang und einer klaren langfristigen Vision. Entscheidungen werden zentral gefällt, ohne den Druck externer Anteilseigner. Dies ermöglicht einen stark nachhaltigen Führungsstil, der nicht auf Quartalsergebnisse, sondern auf eine stabile, innovative Produktentwicklung und den Ausbau von Kundenbeziehungen abzielt.

Zoho arbeitet ausserdem daran, seinen sozialen Beitrag auszubauen, etwa durch Programme zur digitalen Bildung und die Förderung regionaler Ökosysteme.

Zukunftsaussichten und Fazit

Zoho hat mit seinem Fokus auf F&E und erschwingliche Softwarelösungen ein überzeugendes und nachhaltiges Geschäftsmodell aufgebaut, das sich deutlich von dem vieler Wettbewerber abhebt. Das Unternehmen bewahrt sich durch Privatbesitz, kontrolliertes Wachstum und eine konsequente Innovationspolitik die Flexibilität, auch auf schwierige Marktumfelder reagieren zu können.

Künftig dürfte Zoho weiter expandieren und neue Märkte sowie Branchen erschliessen, wobei die Herausforderung bestehen bleibt, die Balance zwischen niedrigen Preisen, hoher Produktinnovation und zunehmender Markenbekanntheit zu halten.

Trotz Wettbewerbsdruck von etablierten Branchengrössen und technischen Spezialisten dürfte Zoho mit strategischer Klarheit und einer kompromisslosen Kundenorientierung auch weiterhin zu den spannendsten und innovativsten Akteuren der globalen Softwarelandschaft gehören. Zoho Unternehmensstrategie passt und spricht gerade auch KMU in der Schweiz und Europa an.

Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel beruhen vor allem auf den Aussagen und Details aus dem Bericht „We spend 3x more on R&D than we do on marketing: Zoho“ auf afaqs.com (August 2024).